Dienstag, 14. Dezember 2010

Unsicherheit über Auswirkungen der Umsetzung der neuen EU-Mehrwertsteuerrichtlinie?

Unternehmen sind sich nicht im Klaren über die konkreten Auswirkungen der anstehenden Umsetzung der Vorgaben des EU-Ministerrates (vom Juli 2010) zur Änderung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EC. Europaweit spätestens ab dem 01.01.2013, in Deutschland vermutlich ein Jahr früher, wird es möglich sein, zu den beiden bekannten und bestehenden Verfahren noch weitere zur Sicherstellung des Vorsteuerabzugs bei elektronischen Rechnungen zu nutzen. Neben der

• qualifizierten Signatur und der
• Übermittlung via EDI-Verfahren

wird es künftig noch andere zulässige Wege geben, die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Rechnungsinhalts zu gewährleisten.

Dabei geht es der EU bei der Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie um die weitere Verbreitung und Akzeptanz der elektronischen Rechnung. Sie stellt diese nun der Papierrechnung gleich. Dem neuen Verbot der Methodenvorgabe folgend werden künftig nicht mehr ausschließlich konkrete Verfahren zur Erlangung des Vorsteuerabzuges vorgeschrieben.

Neben den bewährten Methoden der qualifizierten Signatur und dem EDI-Verfahren (in Deutschland seit 2009 ohne die zusammenfassende Sammelrechnung) soll es den Unternehmen künftig freigestellt sein, “andere Verfahren” zur Sicherstellung der “Echtheit” der Rechnungen über den vollen Aufbewahrungszeitraum von (in Deutschland) zehn Jahren plus 2 Jahre Anlaufhemmung) zu verwenden.

Diese neuen Verfahren sind in der EU-Richtlinie nicht weiter konkretisiert worden. Es steht allein in der Entscheidung des Unternehmens, hier neue Verfahren zu gestalten und zu gebrauchen. Wegen der nicht vorhandenen Standardisierung ist zu befürchten, dass die Unsicherheit hinsichtlich der Akzeptanz der dann unternehmensspezifisch umgesetzten Verfahren eher zunehmen. Vor allem Unternehmen, die internationale Anforderungen bzw. Strategien bezüglich des elektronischen Rechnungsaustauschs haben, werden mit unterschiedlichen nationalen Umsetzungen konfrontiert sein. Dies wird zu einer steigenden Komplexität in Buchführung, Jahresabschluss, gerade auch bei der Erstellung von Steuererklärungen und bei Betriebsprüfungen , führen. Wenn dann Zweifel an der Unversehrtheit der Rechnungen aufkommen, gerät der Vorsteuerabzug in Gefahr.

EDI und insbesondere sauber aufgesetzte Signaturverfahren sind seit Jahren praxisetablierte Methoden zur Sicherstellung der auch nach Änderung der MwStSysRL weiterhin geforderte Integrität und Authentizität der elektronischen Rechnungen. Hinzu kommt die neue Anforderung an Legitimiät, am ehesten zu übersetzen mit der Anforderung nach Lesbarkeit über den gesamten Aufbewahrungszeitraum.
Es herrscht mittlerweile ein hohes Maß an Klarheit darüber, was bei den beiden hergebrachten Verfahren von Seiten der Betriebsprüfung erwartet wird. Wie auch immer die neuen Methoden konkret aussehen sollen ist eigentlich egal. Sie sind bisher nicht normiert. Daher ist zu erwarten, dass ihre Umsetzung komplex und teuer wird: Beide Seiten – der Rechnungssender sowie der Empfänger – müssen sich einig darüber sein, mit welchen Verfahren die Integrität, Authentizität und Legitimität über den geforderten Aufbewahrungszeitraum sicher gestellt ist. Und bei den neuen Verfahren geht es da gerade nicht nur um die Rechnungen; auch die im Geschäftsvorfall weiter ausgetauschten Dokumente –von der Bestellung über den Lieferschein bis hin zur Reklamation- sind zu beachten.

Aus meiner Sicht werden EDI- und Signaturverfahren gerade aus Kostengründen weiterhin die präferierte Methode bleiben, zumal bei anderen Verfahren die Archivierung eine noch zentralere Rolle spielen wird und die Prüfungsanforderungen auf Dokumente ausgedehnt werden, die bisher in der steuerlichen Betriebsprüfung nicht verlangt wurden. Ausserdem sind die Kosten für die eigentliche elektronische Signatur in einem gesamtheitlichen Ansatz mehr oder weniger vernachlässigbar. Aufwändig sind insbesondere Vorbereitungshandlungen, die Unterweisung der Mirarbeiter, die Überzeugungsarbeit an den Kunden oder bei den Lieferanten, ausserdem die Elektronifizierung und die Konsolidierung der unterschiedlichen Prozessvarianten beim Versand oder Empfang elektronischer Rechnungen. Die Signatur spielt nur eine kleine Rolle, erzeugt dafür aber ein hohes Maß an Auditierungssicherheit. Andere Methoden müssen sich dann an diesem Kosten / Leistungsverhältnis messen lassen.
Unternehmen sind zur Reduzierung von Komplexität und zur Herbeiführung von Investitionssicherheit gut beraten, die mit dem e-Invoicing zusammenhängenden Einführungs- und Betriebs-Prozesse in die Hände erfahrener Dienstleister zu legen. Die sollten die unterschiedlichen gesetzlichen und sonstigen Compliance- Anforderungen (beispielsweise SAS 70 II, IdW PS 880 u.ä.) in den Ländern kennen und über ein Lösungsportfolio verfügen, das flexible und skalierbare Technologien enthält. Wichtig ist die Praxistauglichkeit der Einführungskonzepte bei der Umstellung auf elektronische Rechnungen sowie das sog. onboarding, die Anbindung der Geschäftspartner. Schließlich sollte ein solcher Dienstleister auch über ein Netzwerk zur Bündelung der Rechnungsströme verfügen, also eine sog. roaming-Lösung haben, so dass die Rechnungen nicht zwischen allen Geschäftspartnern bilateral ausgetauscht werden müssen sondern ähnlich wie heute mit der Briefpost einmal aufgegeben und dann zugestellt werden.

Hinsichtlich der Einführung von elektronischen Rechnungen konnte ich in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen sammeln. Darüber habe ich ein Buch geschrieben: die elektronische Rechnung in Handels- und Steuerrecht, Gabler-Verlag. Gern erstelle ich ein Angebot über meine Mitwirkung in Ihrem Einführungsprojekt. Einfach nachfragen, eMail reicht.

eInvoicing-Trends 2011: Rechnungslogistik - Potenziale, Produkte und Entwicklungen

Effizienter Rechnungseingang

Gerade im Rechnungseingang entstehen hohe Kosten. Für die Prozesse rund um eine Eingangsrechnung in Papierform können Unternehmen schnell bis zu 50 € je Rechnung aufwenden. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Zahl der Rechnungseingangsprojekte 2010 stark zugenommen hat und auch 2011 noch viel Potenzial birgt.

Eine Umstellung auf frühes Scannen verbessert die Effizienz der Rechnungseingangsbearbeitung und hat den Vorteil, dass die Rechnungen in einen vereinheitlichten elektronischen Workflow übergeben werden und ein direkter Abgleich mit Einkaufsdaten möglich ist. Ist das eingerichtet, können auch die Lieferanten von digitalen Versand- und Abrechnungskanälen überzeugt werden und sukzessive auch ihren Rechnungsausgang digitalisieren und optimieren.

Shared Service Center

Konsolidierung und Zentralisierung von Dienstleistungsprozessen des Unternehmens in sogenannten Shared Service Centern (SSC) wird 2011 unter Kostenaspekten immer wichtiger. Es kann von Kosteneinsparungen von bis zu 30 Prozent bei jedem Unternehmen, das sich eines SSC bedient, ausgegangen werden. Es ist gerade die Konsolidierung von Prozessen des Rechnungseingangs, die in Financial SSCs große Potenziale zur Kostensenkung bietet. Eine effiziente standardisierte Verarbeitung von Eingangsrechnungen ist in den Unternehmen noch lange kein Standard. So digitalisieren deerzeit nur ca. 16 Prozent der Unternehmen ihre Eingangsrechnungen, um sie dann in einen automatisierten Workflow einzuspeisen. Dies kann in einen SSC für das gesamte Unternehmen und für jede einzelne Abteilung zentralisiert werden.

SSC sind aber keineswegs nur etwas für Grossunternehmen. In dieser Sache aufgeschlossene, fortschrittlich arbeitende Steuerkanzleien bieten ihren Mandanten schon heute standardisierte Dienstleistungen rund um die elektronische Rechnung.

Für die Ausgangsrechnung werden Fälligkeiten überwacht, Mahnwesen bearbeitet, Liquiditätspläne erstellt u.v.m., für eingehende Rechnungen werden Zahlungsvorschlagslisten erstellt, die wieder in die Liquiditätsplanung einfliessen; die Zahlungsvorschläge werden am Telefon per WebKonferenz mit dem Mandanten abgestimmt. Frühzeitige Zahlung sichert Skonto-Vorteile, die diesen Service leicht finanzieren. Die Rechnungsfreigabe selbst ist dabei immer Sache des Mandanten. Der kann natürlich auch im Vorwege die Bestell- und Lieferdokumente an die Kanzlei verschicken und so auch den Bestellabgleich und die Rechnungsfreigabe auslagern.

Hier hinein gehört auch das Angebot, für Mandanten elektronische Rechnungsein- und –ausgangs-Postfächer einzurichten und zu überwachen. Wer an diesen Angeboten interessiert ist, der kann mich gern ansprechen.

E-Postbrief und DE-mail, was werden sie bewirken?

Länder wie Finnland, die Schweiz oder Dänemark haben diese Verfahren bereits seit Jahren erfolgreich implementiert. Die Erfahrung aus diesen Märkten zeigt, dass der elektronische Brief für sich allein keine Revolution darstellt. Wichtig ist, wie sich der Markt im kommenden Jahr entwickeln wird und was für zusätzliche Services und Angebote sich um den „neuen“ Brief bilden werden. Das wird eine der Herausforderungen für 2011 sein. Erfolgreich werden elektronische Briefe nur, wenn damit eine offene Plattform verbunden wird, die weitere angeschlossene Services zulässt.

Flexibles Outsourcing

Unternehmen müssen in der Lage sein, sich schneller als bisher an sich schnell verändernde Wettbewerbsbedingungen anzupassen. DAS ist eine wichtige Anforderung an IT-Dienstleister: Modalitäten und Verträge müssen zukünftig anpassungsfähiger gestaltet werden, gerade im Outsourcing von Finanzdienstleistungen. On demand wird verstärkt nachgefragt; auch in der Rechnungslogistik! Jedes Jahr verschicken europäische Unternehmen rund 28 Milliarden Rechnungen. Die Bearbeitung des Rechnungseingangs und -ausgangs ist ein erheblicher Kostenfaktor für die Unternehmen, der häufig jedoch als kaum beachteter Prozess unternehmensintern sehr ineffizient abgewickelt wird und Ressourcen unnötig bindet. Die Kosten des Prozesses kennen die wenigsten Unternehmensverantwortlichen. Dabei lassen sich die heterogenen Prozesse in der Rechnungslogistik effizient und standardisiert gestalten (siehe auch SSC). Gerade bei schwankendem Rechnungsaufkommen lohnt sich das.

Transpromotion

Rechnungen sind heute weit mehr als nur Zahlungsaufforderungen, sie werden zum essentiellen Bestandteil der Kundenkommunikation. Ein Rechnungsempfänger wendet dreimal mehr Zeit für das Studieren eines Rechnungsdokuments auf, als er es für andere Kommunikationsschreiben tut. Die Rechnung ist also das effektivste Mittel in der schriftlichen Kommunikation zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden. Und das, weil die Rechnung sehr viel Platz bietet, um dem Kunden Botschaften zu vermitteln, denen sie weitaus mehr Bedeutung schenken als anderen Kommunikationsschreiben – ein wichtiger Punkt in Zeiten wahrer Werbeüberangebote. Die Verknüpfung von Rechnungen mit solchen Marketingbotschaften nennt man Transpromotion. In den letzten Jahren hat sich hier viel getan, aufwendige Verknüpfungen des Buchhaltungssystems, etwa mit dem Customer Relationship Management sind für eine personalisierte Ansprache nicht mehr notwendig; vielmehr werden die vorhandenen Rechnungsdaten genutzt. Allerdings könnte die erstärkte Nutzung des elektronischen Rechnungsdatenaustauschs in den nächsten Jahren diesem Trend entgegenwirken.

Ich sehe in diesen Trends, dass es in 2011 wichtig sein wird, zuerst die eigenen Prozesse zu optimieren und sich dabei nicht auf die Flexibilität und den Entwicklungswillen von Kunden und Partnern zu verlassen.